Streaming vs. Figuren: Der Kampf um die Hoheit in den Kinderzimmern

Stand: 12:35 Uhr Till Weitendorf, Geschäftsführer von StoryDOCKS, mit der Tigerbox, einer Audiobox samt Streamingdienst für Kinder Till Weitendorf, Geschäftsführer von StoryDOCKS, mit der Tigerbox, einer Audiobox samt Streamingdienst für Kinder Quelle: Bertold Fabricius Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen. Podcast freigeben Das Hamburger Start-up Tiger will den Audiomarkt aufrollen – und Branchenprimus Tonies herausfordern. Es setzt dabei auf ein Modell ohne die bekannten Figuren. Anzeige Anzeige

Für seinen Job ist Till Weitendorf familiär ausreichend vorgeprägt: Der 45-Jährige ist ein Erbe der Hamburger Verlagsgruppe Oetinger, und seine Großmutter war mit der weltberühmten Kinderbuchautorin Astrid Lindgren befreundet. 2018 wagte Weitendorf mit einer Ausgründung aus dem Verlag den Sprung in die Selbstständigkeit. StoryDocks nannte er sein Unternehmen, das seinen Sitz am Eppendorfer Baum hat. Seitdem hat er eine Reihe von Medien-Start-ups auf den Weg gebracht. Eines ist Tiger Media, dass Weitendorf zusammen mit Martin Kurzhals führt.

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Die Geschäftsidee: Mit einem kleinen, elfeinhalb Zentimeter großen Stereo-Hörwürfel (Tigerbox Touch) lassen sich rund 20.000 digitale Kinder-Hörspiele, -Hörbücher und -Lieder streamen. 2022 machte das Unternehmer-Duo sieben Millionen Euro Umsatz, im laufenden Jahr peilt man rund zwölf Millionen Euro und im nächsten Jahr über 20 Millionen Euro an. Das Ziel ist klar: den Branchenprimus Tonies herausfordern.

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Das Düsseldorfer Unternehmen hat Kinder-Hörspiele mit einer Box und Figuren populär gemacht. Für vergangenes Jahr meldete Tonies einen Umsatz von 258 Millionen Euro – ein Plus von 37 Prozent zum Jahr davor. 158 Millionen Euro davon wurden im deutschsprachigen Raum erwirtschaftet. Die Boxen (Preis: rund 100 Euro) brachten 87 Millionen Euro ein, die Figuren (Preis: 17 Euro), die auf die Boxen gestellt werden und die Hörbücher und Kinderlieder abspielen, 159 Millionen Euro, Kopfhörer, Taschen, Regale und Ladegeräte den Rest.

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Neben Tonies und Tiger Media tummeln sich nur noch etwa eine Handvoll kleinerer Anbieter mit Bekanntheitsgraden von unter fünf Prozent auf dem Kinderhörspiel-Markt. Tonies-CEO Marcus Stahl gibt sich selbstbewusst, dass sein Unternehmen „der Pionier in dieser Kategorie bleibt“. Man habe „das qualitativ hochwertigste Produkt“ und werde mit Innovationen die Nase vorn behalten. Noch liegt Tonies weit vorn: Auch das erste Quartal 2023 lief für das börsennotierte Unternehmen gut, das für das Gesamtjahr erneut ein Umsatzplus von über 35 Prozent erwartet.

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Tiger Media wählt eine etwas andere Herangehensweise als sein Hauptkonkurrent: Während Tonies und andere Marktteilnehmer Figuren oder Tokens einzeln anbieten, setzt der Hamburger Herausforderer, bei dem 2021 Sony eingestiegen ist, auf seine Streaming-Audiothek „Tigertones“. Dabei handelt es sich um ein Flatrate-Modell (ab 6,99 Euro pro Monat). Die Kinder können sich direkt auf der Box durch die Hörspiel- und Liederwelten klicken. Mit der Einführung der Tigerbox Touch Ende 2019 ist nach Überzeugung von Till Weitendorf ein „Kampf der Systeme“ ausgebrochen. „Bei uns kauft der Kunde nicht mehr einzelne Titel, sondern hat Zugriff auf rund 20.000 Titel“, erläutert Weitendorf. Er hält dieses Angebot für „viel attraktiver“.

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Tonies hat mit seinen Produkten eher Kleinkinder im Visier, Tiger Media gibt die Zielgruppe für seine Tigerbox (Preis um 90 Euro) mit „Vier- bis Zwölfjährige“ an. Beide Systeme können Hörspiele und Musik wiedergeben, verfügen über intuitive und haptische Elemente, damit schon kleine Kinder ein Hörspiel starten können.

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Die deutsche Buchbranche befindet sich in einem tiefen Wandel, obwohl der größte Vertriebsweg nach wie vor der stationäre Buchhandel ist. Im vergangenen Jahr setzte die Branche 9,4 Milliarden Euro um. Am stärksten wuchs das Geschäft mit Hörbüchern, Wachstumstreiber sind die digitalen Absatzwege: Der Umsatz mit Downloads stieg um 61 Prozent, der mit Streaming sogar um fast 155 Prozent. Das Business mit Audiobooks auf CD dagegen hat sich mehr als halbiert. Die digitalen Kanäle sind damit die wichtigsten Marktplätze des Hörbuchgeschäfts: Downloads waren 2022 für fast 50 Prozent des Hörbuchumsatzes verantwortlich, Streaming für 37 Prozent, CDs nur noch für 13 Prozent.

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Die Konkurrenz im Kinder-Hörspielmarkt ist sehr hart, es braucht neue kreative Ansätze. Eine weitere Option beim Branchenzweiten Tiger ist die „Wildcard“, mit der selbst erfundene Geschichten und selbst gesungene Songs gespeichert werden. Bedeutet dies unbegrenzte Freiheit für die „lieben Kleinen“? Unternehmenschef Weitendorf sagt: „Die Eltern haben die Möglichkeit, den Medienkonsum der Kids auf der Box zu begrenzen, entscheiden also, was und wie viel ihre Kinder hören können.“ Dass sich Tiger Media auf dem richtigen Weg befindet, scheinen die Zahlen fürs erste Halbjahr 2023 zu beweisen: Der Umsatz ist gegenüber den ersten sechs Monaten 2022 um 20 Prozent gestiegen, das Ergebnis hat sich um 57 Prozent verbessert.

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