Privatschulen: Das Comeback der Katholiken

Stand: 18:06 Uhr julia_witte Managing Editor Hamburg Blick von der Baustelle der zukünftigen Sophienschule des Erzbistums Hamburg auf die Kirche Sankt Sophien. Der 25-Millionen-Euro-Schulneubau feierte am Donnerstag Richtfest Quelle: dpa/Marcus Brandt Das Erzbistum Hamburg hat die Grundsteinlegung für den Neubau eines seiner Schulgebäude gefeiert. Ein denkwürdiger Tag, denn der Einrichtung drohte – wie vielen anderen – die Schließung. Jetzt hat sie eine Zukunft, dank einer privaten Millionenspende. Anzeige Anzeige

Es ist frisch für einen Morgen Mitte April. Aber sieben Grad sind immerhin nicht zu kalt, um Beton zu gießen. Und so kann die Kupferkapsel in das Untergeschoss des neuen Gebäudes für die Katholische Sophienschule im Hamburger Stadtteil Barmbek einbetoniert werden. Die Kapsel ist befüllt mit einer Zeitung vom 18. April 2024, mit gemalten Bildern der Grundschulkinder, die im kommenden Jahr in den Neubau der Schule umziehen sollen, mit Aufsätzen zur Schule in 100 Jahren und mit Münzen.

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Vor allem aber die beigelegten Fotos des aktuellen und früheren Schullebens sollen später an die wechselvolle Geschichte der katholischen Grundschule erinnern. Und genau diese ist es, die vielen Anwesenden Tränen in die Augen treibt – auch wenn sie selbst es wohl auf die Sonne und den Wind schieben würden.

Die Vertreter der Sophienschule sind von ihrem aktuellen Ausweichstandort gekommen. Während ihr altes Schulgebäude abgerissen und ein neues gebaut wird, sind sie etwa zwei Kilometer entfernt in einem anderen Schulgebäude des Erzbistums untergebracht. Frei ist das Gebäude allerdings nur, weil dort im Sommer vergangenen Jahres die letzten Schülerinnen und Schüler der Franz-von-Assisi-Schule ihren Abschluss machten. Nach 96 Jahren schloss die Katholische Kirche ihre Stadtteilschule für immer.

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Und die Sophienschule hätte beinahe dasselbe Schicksal ereilt. Sie stand lange auf der Liste der katholischen Schulen, die das Erzbistum Hamburg schließen wollte. Anfang 2018 verkündete das Bistum acht seiner 21 Schulen in Hamburg aufgeben zu werden. Das Wirtschaftsberatungsunternehmen Ernst & Young hatte sich im Auftrag des Erzbistums dessen Finanzlage angesehen und war zu dem Schluss gekommen, dass es harte Einschnitte geben müsse. Sonst hätten die damals in den Büchern stehenden 83 Millionen Euro Schulden binnen weniger Jahre auf 350 Millionen Euro aufwachsen können.

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Später im Jahr 2018 wurden weitere Sparpläne veröffentlicht. Das Bistum beschloss die Trennung von vielen seiner Immobilien, stellte alles Kostenintensive auf den Prüfstand. Doch das verhallte in der Öffentlichkeit nahezu, denn die Nachricht der Schulschließungen überdeckte alles.

Der Verkündung folgte ein Sturm der Entrüstung, bis zu 5000 Menschen gingen in Demonstrationen für den Erhalt der Schulen auf die Straße. Sogar der Papst wurde in der Causa angerufen. Noch immer zündet die damals gegründete Initiative „Rettet 21“ an jedem 19. Januar Kerzen vor dem Mariendom, der Hamburger Hauptkirche der Katholiken, an, um an den Verlust der letztlich sechs Schulen zu erinnern, für die es keine Rettung mehr gab. Für die Sophienschule aber konnte dank einer Millionenspende der aus Barmbek-Uhlenhorst stammenden Unternehmerfamilie Franke die Schließung verhindert werden. Auch für die katholische Schule Harburg gab es eine Lösung, sie wird fortgeführt.

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Bei der Sophienschule war es vor allem ihr Ende der 1950er-Jahre erbautes und sanierungsbedürftiges Schulgebäude, das sie auf die Streichliste brachte. Inzwischen wurde es abgerissen, nun wird neu gebaut. „Die katholischen Schulen sind ein wichtiger Teil des Kirchenlebens in Hamburg, und die Katholische Sophienschule ist ein wichtiger Teil von Barmbek-Süd. Meine Familie und ich sind froh, dazu beitragen zu können, damit diese Schule hier neu gebaut und somit auch von zukünftigen Generationen besucht werden kann“, erklärte Andreas Franke als Vertreter der Stifterfamilie bei der Grundsteinlegung am Donnerstag.

Um zu verstehen, wieso die Schließung eine derartige Gegenwehr auslöste, ist ein Blick auf das Hamburger Schulsystem hilfreich. Das Erzbistum Hamburg ist der größte private Schulträger der Hansestadt. Insgesamt werden im kommenden Schuljahr etwa 6200 Schülerinnen und Schüler eine katholische Schule in Hamburg besuchen. Als es noch alle 21 Schulen gab, waren es mehr als 8000 Kinder und Jugendliche. Die evangelischen Kirchen unterhalten in der Hansestadt hingegen sechs Schulen, ein Großteil davon arbeitet nach einem reformpädagogischen Ansatz. Hinzu kommt, dass es in Hamburg keinen konfessionellen Religionsunterricht gibt. Die Katholische Kirche beteiligte sich lange gar nicht an dem „Religionsunterricht für alle“.

Wer seinen Kindern also eine christliche Grundbildung wünscht, wählt oftmals eine der katholischen Schulen. Viele führende Hamburgerinnen und Hamburger – in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – haben selbst eine der Katholischen Schulen besucht oder für ihre Kinder ausgewählt. Und so wundert es wenig, dass in die Baugrube der Sophienschule, die später einmal die Turnhalle der Schule und den Lagerraum für die Kita beherbergen soll, zur feierlichen Grundsteinlegung am Donnerstag rund 150 Menschen hinabstiegen.

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Die Grube sei das einzige Loch in seinem Leben, über das er sich freue, hatte Generalvikar Sascha-Philipp Geißler zu Schulleiterin Beatrice Lipschütz bei einem Besuch kurz nach Baustart gesagt. Das Bild nahm er bei der Grundsteinlegung wieder auf. Es sei ein richtig schönes Gefühl, in dem Loch zu stehen. Nach den „überaus schmerzhaften Schulentscheidungen des Jahres 2018 nun diesen symbolischen Akt der Grundsteinlegung für diese neue Schule“ vorzunehmen, sei etwas besonderes. „Ich freue mich sehr, dass es endlich in die Höhe geht und wir hier in Barmbek ein wichtiges Zukunftsprojekt verwirklichen können“, sagte Geißler. Dann betonierte er gemeinsam mit Grundschülern, Kitakindern, Schulleiterin Lipschütz, Kita-Leiterin Christine Kirchner und Schulabteilungsleiter Christopher Haep die Kupferkapsel in den Neubau ein und segnete das neue Stück Mauer mit Weihwasser.

Das Gebäude der dreizügigen katholischen Vor- und Grundschule für 360 Kinder wird mit integrierter Kita, Mensa, Aula sowie Sporthalle rund 25 Millionen Euro kosten. Von außen wird sich das Schulgebäude, das vom Hamburger Architekturbüro Bieling Architekten entworfen worden ist, an der Kirche St. Sophien orientieren, in deren Schatten der etwa 5000 Quadratmeter große Neubau entsteht.

Für die katholischen Schulen ist es der erste große neue Entwicklungsschritt nach den Schulschließungen, die von 2021 erfolgten und von denen mit dem Niels-Stensen-Gymnasium die letzte erst im kommenden Sommer abgeschlossen sein wird. Im Mai will das Erzbistum Pläne für die Grund- und Stadtteilschule Bonifatiussschule in Wilhelmsburg vorstellen. Erste Abrissarbeiten hat es auf dem Gelände der Schule bereits gegeben. Fertiggestellt sein sollen die umfangreichen Schulerweiterungsbauten im Jahr 2028.

Insgesamt will die Katholische Kirche in den kommenden Jahren 150 Millionen Euro in ihre Schulen investieren. Davon seien etwa 135 Millionen Euro für die katholischen Schulen in Hamburg vorgesehen. Zwei weitere Schulen unterhält das Bistum im Mecklenburg.

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