Stand: 16:50 Uhr
Als der Antrag der Hamburger CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft zur Abstimmung stand, das Bundesinnenministerium zu einem Verbotsverfahren gegen die islamistische Gruppe „Muslim Interaktiv“ aufzufordern, stimmten SPD und Grüne dagegen. Ein inhaltlicher Austausch fand dazu in der Sitzung nicht statt, dabei wären die Gründe für die ablehnende Haltung spätesten im Licht der Bilder der islamistischen Demonstation am Sonnabend in der Hansestadt durchaus interessant gewesen. Als die CDU am Montag nun auf diese Abstimmungsverhalten hinwies, reagierte die SPD schmallippig: Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sören Schumacher, sagte, die Gruppierung sei bereits fest im Blick der Verfassungsbehörden. „Dazu bedarf es keiner Anträge der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft.“ Als es Monate zuvor um die Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg ging, wurde allerdings noch ein gemeinsamer Antrag als Botschaft in Richtung Berlin verabschiedet.
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Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering kündigte am Montag an, die CDU-Fraktion werde zu dem Thema nun eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragen. Ein leichtes Umdenken gab es schon bei den Linken, die sich bei der Abstimmung in der vergangenen Woche enthalten hatten – die Co-Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir forderte nun das Verbot der 2020 in Hamburg gegründeten Organisation: „Wenn 1000 Menschen durch Hamburgs Straßen ziehen und das Kalifat fordern, zeigt das: Der Senat hat im Kampf gegen den Islamismus versagt“.
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Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote hätte die Bilder vom Wochenende, die Hamburg einmal mehr als Islamistenhochburg dastehen lassen, gern verhindert. Aus dem Umfeld des Sozialdemokraten ist zu hören, dass ein Verbot der Versammlung mit hoher Intensität geprüft worden sei, aber es letztlich außer der Erteilung von Auflagen keine Chance für einen so deutlichen Schritt gegeben habe. „Ein solches Schaulaufen von Islamisten ist unerträglich und widert mich an“, sagte Grote jetzt im Nachgang.
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Einzelne Parolen und Transparente werde die Staatsanwaltschaft nun im Nachhinein auf strafrechtliche Relevanz prüfen, sagte Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel. „Fakt ist aber auch, dass unser Grundgesetz nun mal mit dem Blick auf die Versammlungs- und auch Meinungsfreiheit auch extremistische Meinungskundgebungen zulässt.“
Der Anmelder der Kundgebung, Joe Adede Boateng – ein Lehramtsstudent aus Neuallermöhe mit einer deutschen Mutter und einem Vater aus Ghana – steht nach Informationen des Hamburger Verfassungsschutzes der Gruppierung Muslim Interaktiv nahe. Diese ist als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft. Sie gilt, ebenso wie die Gruppierungen Generation Islam und Realität Islam, als Ableger der Islamisten-Organisation Hizb u-Tahrir. Auch wenn in den drei Gruppierungen unterschiedliche Akteure aktiv seien, sei die ideologische Ausrichtung ähnlich, hieß es aus Sicherheitskreisen.
Dann dürfen Versammlungen verboten werden
Sind dem Rechtsstaat also auch künftig die Hände gebunden? Ein Verbot einer Versammlung sei das letzte Mittel, sagte Stefanie Grünewald, Professorin für Öffentliches Recht an der Akademie der Polizei Hamburg. „Insbesondere bei der unmittelbaren Gefahr, dass im Rahmen der Versammlung schwere Straftaten begangen werden, kann ein Verbot gerechtfertigt sein. Aber dafür müssen zum Zeitpunkt des Erlasses des Verbots bereits konkrete Hinweise auf diese Straftaten vorliegen. Dies wird von den Gerichten auch sehr genau überprüft. Es reicht eben gerade nicht, dass nur die Vermutung besteht, dass es zu Straftaten kommen wird.“