Kunsthalle: „Die Bilder haben keine Aussage. Sie sind die Aussage.“

Stand: 19:48 Uhr Die Galerie der Gegenwart Galerie der Gegenwart Quelle: pa/imageBROKER/Torsten Krüger Kunsthallen-Direktor Alexander Klar zeigt in der Ausstellung „Keine Illusionen. Malerei im Raum“ neun zeitgenössische Positionen der konzeptionellen Malerei „die vor allem von sich selbst berichtet“. Anzeige Anzeige

Den groben Industriespachtel, mit dem er die Farben seiner Bilder aufträgt, bezeichnet der bei Hamburg lebende Maler Rolf Rose als seine „verlängerte Hand“. Das Werkzeug ordne die „chaotische Farbmasse“ erklärt der Autodidakt, der ungegenständlich arbeitet und sich dabei von der amerikanischen Farbfeldmalerei inspirieren ließ. Diese Strömung, die sich in den 50er- und 60er-Jahren entwickelte, verbannte das Objekt und die inhaltsorientierte Darstellung aus der Kunst.

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Stattdessen wurde nun die Farbe selbst mit ihren vielfältigen Eigenschaften und ihrer stofflichen Erfahrbarkeit zum Bildgegenstand. Auch in Roses Werk verselbstständigt sich die dick aufgetragene Farbsubstanz und wird vom Künstler systematisch per Spachtel geordnet und gebändigt.

Gruppenausstellung zum 90. Geburtstag von Rolf Rose

Anlässlich von Rolf Roses 90. Geburtstag zeigt die Hamburger Kunsthalle von heute an die Gruppenausstellung „Keine Illusionen. Malerei im Raum“, in der sieben Werke des Jubilars zu sehen sind. Die teils strengen, teils dynamischen Bilder erzählen von verschiedenen Schaffensphasen: So bleiben die frühen, mit Öl, Wachs und Graphit auf Sperrholz aufgetragenen Bilder monochrom, während die jüngsten Arbeiten von Farbexplosionen gekennzeichnet sind.

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„Wir sind im Zeitalter der konzeptionellen Malerei, die vor allem von sich selbst berichtet“, sagt Kunsthallenchef Alexander Klar, der die Schau kuratierte. Neun zeitgenössische Positionen führte der Museumsdirektor in der Galerie der Gegenwart zusammen. Wie Rose hat sich jeder der vorgestellten Maler, darunter Ingo Meller, Cornelia Baltes und Franziska Reinbothe, von der Kunst des konkreten Abbildens verabschiedet. Anstelle von Figur oder Natur, Objekt oder Ereignis, thematisieren die Künstler Bildkonzepte und Methoden sowie Material und Raumwirkung. „Die Bilder haben streng genommen keine Aussage. Sie sind Aussage“, erklärt Klar.

Einige Arbeiten entstanden passgenau für die Galerie der Gegenwart

Einige der rund 60 gezeigten Arbeiten wurden in den letzten Jahre angekauft, andere entstanden eigens für die Kunsthalle und sind passgenau für das von Tageslicht durchflutete erste Obergeschoss des kubischen Baus konzipiert. Mit erkennbarer Freude hat sich, zum Beispiel, die aus Saarbrücken stammende Künstlerin Shila Khatami ein großes Areal der Ausstellungsfläche schöpferisch angeeignet. „Es ist schon lange mein Traum, einen ganzen Raum zu gestalten“, sagt die von Konstruktivismus und Bauhaus beeinflusste Malerin, deren ungegenständliche Bilder auf industriell gefertigtem Material entstehen. Mit Riffelblechen verkleidete sie einen Bereich des Museumsfußbodens und zwei Stellwände, sodass der Betrachter in das Werk hineintreten kann und selbst zum Bestandteil des Kunstraumes wird.

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Wie Rose malt auch Khatami nicht mit dem Pinsel, sondern trägt ihre meist weißen oder schwarzen Farbflächen oder Farbbahnen mit einer Großflächenwalze auf dem unorthodoxen Malgrund auf. Die Farbe wirkt im aktuellen Werk wie ein Richtungsweiser und lenkt den Blick zum Fluchtpunkt im neu geschaffenen Raum. „Es soll aussehen, wie hingeworfen, ist aber wohlkomponiert“, sagt die Malerin über ihre Methode des Farbauftrags. Auch das Raumlicht spielt eine Rolle in ihrem Konzept, denn die Deckenbeleuchtung spiegelt sich in der metallenen, diagonal gerippten Oberfläche. „Dem industriellen Material wollte ich etwas poetisch-transzendentales geben“, erläutert die Künstlerin, die ihre Arbeit „Tränenblech“ genannt hat.

Das Werk von Helga Schmidhuber korrespondiert mit der Stadtlandschaft

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Auch die anderen Positionen behaupten sich im Tageslichtraum der Galerie der Gegenwart, wo sich durch die unverhängten Fenster ein Rundumblick auf die Binnenalster, die Bahnschienen und den Stadtraum ergibt. Das Werk von Helga Schmidhuber scheint mit der Stadtlandschaft zu korrespondieren, in der die Natur vom Menschen geordnet wurde. Zwar malt und druckt die Künstlerin Tiere und Pflanzen auf Stoff und Leinwand, allerdings fehlt den ornamental eingesetzten Lebewesen der natürliche Kontext. Die Malerin nutzt eine ganze Wand als Bildfläche, auf der sie verschiedene Werkteile zu einer Gesamtkomposition anordnet. „Malerei und Assemblage werden in collagenhafter Form zusammengeführt, sagt Klar.

Ein herkömmliches Tafelbild findet sich in der Ausstellung nicht. Die meisten Werke dringen auf irgendeine Art und Weise in den Raum vor. Als gemalte Versuchsobjekte bezeichnet der Kurator etwa die dreidimensionalen Arbeiten des aus München stammenden Künstlers Dominik Halmer. Zu sehen ist unter anderem ein merkwürdiges Möbel, das keinem bekannten Einrichtungsgegenstand ähnelt. Innerhalb dieses schmalen kastenförmigen Holzobjekts auf Beinen liegen eine bemalte Leinwand und eine künstliche, überdimensionale Brombeere.

Leonardo da Vinci weist den Weg zu inneren Bildern

Malerei, so lehrt die erlebenswerte Ausstellung, ist das Produkt eines künstlerischen Denkprozesses und gibt subjektive Ideen und Vorstellungen wieder. Eine Möglichkeit, sich dieser inneren Bilder bewusst zu werden, habe schon Leonardo da Vinci gekannt, sagt Rolf Rose: „Wenn man einen mit Farbe getränkten Schwamm an die Wand wirft und den entstandenen Fleck betrachtet, dann entfaltet sich eine suggestive Wirkung. Der Fleck erweckt Vorstellungsbilder, die man in sich trägt.“

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