Bundesratspräsident in Israel: „Die historische Schuld Deutschlands ist erdrückend“

Stand: 17:31 Uhr , Jerusalem, IsraelHamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher in Yad Vashem Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher in der Halle der Erinnerungen in Yad Vashem Quelle: Senatskanzlei/Jan Pries Bundesratspräsident Peter Tschentscher hat bei seiner Israel-Reise die zentrale Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht. Sichtlich bewegt, versprach er, die Opfer der Schoah würden nie vergessen. Anzeige Anzeige

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher gehört nicht zu den emotionalen Politikern. In den fünf Jahren seiner Regierungszeit sind weniger als eine Handvoll Szenen überliefert, in denen der 57-Jährige seine nüchterne Art zu reden geändert hätte. Doch am Mittwoch auf dem Herzlberg in Jerusalem stockte Tschentscher mehrmals hörbar die Stimme.

Anzeige

Gerade hatte er sich in seiner Funktion als Bundesratspräsident in das Goldene Buch der zentralen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eingetragen, war nur wenige Minuten zuvor still unter dem Sternenhimmel für die 1,5 Millionen im Deutschen Reich ermordeten jüdischen Kinder hindurchgegangen und hatte in der Halle der Erinnerungen einen Kranz mit den deutschen Farben niedergelegt.

Lesen Sie auch 75 Jahre jüdischer Staat Israel, du bist so wunderbar kompliziert!

Yad Vashem mache die Geschichte und den Schrecken des Holocausts für nachkommende Generationen erlebbar, sagte Tschentscher. „Die historische Schuld Deutschlands ist erdrückend.“ Der Besuch in Yad Vashem sei für ihn sehr bedrückend gewesen und er habe es als „negativ beeindruckend“ empfunden, wie umfassend und grauenvoll sich der Holocaust darstelle.

Anzeige

Aus Sicht Israels und der Jüdinnen und Juden auf aller Welt sei dies ein Ereignis, das nicht in Vergessenheit geraten dürfe. „Wir werden die Opfer der Shoah nicht vergessen“, schrieb Tschentscher – auf Deutsch – in das Goldene Buch der Gedenkstätte. Deutschland habe die moralische Verantwortung, alles dafür zu tun, dass jede Form von Antisemitismus bekämpft werde – und dass man das jüdische Leben in Deutschland fördere.

Lesen Sie auch Exilantin Hella Pick „Die Unsicherheit geht nie mehr weg“

Begleitet wurde Tschentscher durch die Gedenkstätte von Susan Caine. Caines Mutter hatte bis zur Flucht der Familie im Jahr 1938 in Hamburg gelebt. Die Mutter besuchte die Israelitische Töchterschule im Karolinenviertel und die Bornplatzsynagoge. Besonders oft ging es für die Familie in den nahe ihres Wohnhauses gelegenen Innocentia-Park. Doch irgendwann, so erzählte es Caines Mutter, habe sich die Familie nur noch in der eigenen Wohnung wirklich sicher gefühlt.

ANZEIGE Krampfadern entfernen: In Hamburg setzen Experten auf moderne Methoden

Der Antisemitismus und die Ausbreitung der Nationalsozialisten habe irgendwann auch Hamburg erreicht. Ihr Vater, Sohn der deutsch-jüdischen Widerstandskämpferin Recha Freier, der in Berlin aufwuchs, habe die Repressionen viel früher zu spüren bekommen. Doch auch in Hamburg wurde die Situation schlimmer, so dass die Familie 1938 nach London emigrierte.

Lesen Sie auch Nationalsozialismus Der stille Lebensretter von der Reichsbahn Anzeige

Doch Susan Caine war am Mittwoch nicht der einzige Hamburg-Bezug für Tschentscher und die ihn begleitende Delegation aus Wirtschaft- und Wissenschaftsvertretern. Im Garten der Gerechten legte der Bürgermeister Blumen an der Gedenktafel von Eberhard Helmrich. Im Garten der Gerechten werden Menschen mit einem Baum geehrt, die das Leben eines verfolgten Juden in der Zeit des Nationalsozialismus gerettet haben. Der in Hamburg in eine Kaufmannsfamilie hineingeborene Eberhard Helmrich war als Soldat im heutigen Polen und der heutigen Ukraine stationiert und half dort verfolgten Jüdinnen und Juden zu überleben. Auch seiner Frau Donata wurde in Yad Vashem ein Denkmal gesetzt.

Bürgermeister Peter Tschentscher am Baum für Eberhard Helmrich im Garten der Gerechten in Jerusalem Quelle: Senatskanzlei/Jan Pries

Am Donnerstag gibt es für Tschentscher einen weiteren Termin, der mit der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg untrennbar verbunden ist. Im Zentralarchiv für die Geschichte der Juden in Jerusalem wird er über die Pläne berichten, die Bornplatzsynagoge in Hamburg wieder aufzubauen.

Tschentscher ist als Bundesratspräsident für fünf Tage in Israel. Anlass ist das 75-jährige Bestehen des Staates.

This entry was posted in Uncategorized. Bookmark the permalink.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *