Eklat bei der AfD: Hamburger Abgeordnete soll wegen Russland-Nähe aus der Partei ausgeschlossen werden

Stand: 13:09 Uhr julia_witte Managing Editor Hamburg Olga Petersen (AfD) bei einer Sitzung der Bürgerschaft Quelle: picture alliance/Eibner-Pressefoto/Marcel von Fehrn Vor allem mit Sympathiebekundungen für Russland und den rechten Flügel der Partei, machte sich Olga Petersen beim Hamburger Landesvorstand der AfD unbeliebt. Jetzt soll sie die Partei verlassen. Die Bürgerschaftsfraktion hat sie bereits ausgeschlossen. Anzeige Anzeige

Auf ihren Social-Media-Accounts postete Olga Petersen immer gerne, wenn sie für die AfD an den Sitzungen der Hamburgischen Bürgerschaft und deren Ausschüsse teilnahm. Sie schrieb dann von „meiner AfD-Fraktion Hamburg“. Damit ist nun Schluss. Am Montagabend hat die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft die 41-Jährige ausgeschlossen. Bereits am Freitag hatte der AfD-Landesverband beschlossen, ein Parteiausschlussverfahren gegen Petersen einzuleiten. Der Vorwurf: schwerwiegende Verstöße gegen die Ordnung der Partei.

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Das Ringen um den richtigen Umgang mit der in der Omsk in Sibirien geborenen Petersen dauert schon seit Langem an. Petersen bezeichnet sich selbst als „stolze Deutsche aus Russland“. Und genau diese Nähe zu Russland war schon mehrfach Stein des Anstoßes für Teile der Hamburger AfD.

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Die Stimmung kippte noch stärker als Petersen Anfang vergangenen Jahres im russischen Staats-Fernsehen auftrat und dort Aussagen machte, die ihr als prorussisch ausgelegt wurden. So soll sie beispielsweise kritisiert haben, dass Deutschland sich unabhängig von russischem Gas machen wolle. Zudem hatte sie vor Aussagen von Bundeskanzler OIaf Scholz (SPD) gewarnt. Der Landesvorstand erteilte ihr dafür eine Abmahnung. Dagegen wehrte sie sich und bekam vom Schiedsgericht der Partei in Teilen Recht. Der Landesvorstand hatte ihr vorgeworfen, sich rechtswidrig zu außenpolitischen Themen geäußert zu haben. Das Schiedsgericht jedoch urteilte, dass es ein solches Verbot parteiintern nicht gebe.

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Das Verhältnis zum Landesvorstand, der in drei Positionen identisch mit dem Fraktionsvorstand der AfD in der Bürgerschaft ist, war damit vollends zerrüttet. Die Spannungen gipfelten darin, dass der Landesvorstand einen Wahlvorschlag der AfD im Bezirk Harburg zur anstehenden Bezirkswahl kassierten. Petersen ist neben ihrem Mandat in der Bürgerschaft auch Abgeordnete der Bezirksversammlung im Bezirk Harburg im Süden Hamburgs. Sie wollte zu den Bezirkswahlen wieder antreten, wurde in Harburg als Spitzenkandidatin aufgestellt. Der Landesvorstand, der das einmalig je Aufstellung tun darf, erkannte die Liste nicht an und ordnete eine erneute Abstimmung an. Das Ergebnis: Petersen wurde auf keinen der Listenplätze gewählt.

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Auch die Vorgänge in Harburg führt die AfD nun in ihrem Antrag auf Parteiausschluss an. Seine Entscheidung stütze der Vorstand auf mehrere Gründe, teilte die AfD am Dienstag mit. Im Kern werfe der Vorstand Olga Petersen „schwerwiegende Verstöße gegen die Ordnung der Partei, aber auch gegen die im AfD-Grundsatzprogramm festgeschriebenen Grundsätze“ vor. Die zutage getretenen fundamentalen Meinungsverschiedenheiten machten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich.

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Vier Beispiele sind in der Mitteilung der AfD aufgeführt. So soll Petersen mehrere Mitglieder des Landesvorstandes über ihre Teilnahme als Wahlbeobachterin in Russland getäuscht haben, indem sie im Vorfeld behauptet habe, als Privatperson nach Russland zu reisen. Tatsächlich habe sie dann aber sogar öffentliche Interviews gegeben, in denen sie die Wahlen als „offen, demokratisch und frei“ bezeichnete. Petersen habe in der Vergangenheit gedroht, die Bürgerschaftsfraktion zu verlassen. Zudem habe sie eine maßgebliche Rolle beim zwischenzeitlichen Auseinanderbrechen der Harburger Bezirksfraktion gespielt. Petersen ist inzwischen fraktionslose Abgeordnete der Bezirksversammlung, die AfD-Fraktion ist zweimal neu gegründet worden, heißt daher inzwischen „AfD II“.

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Petersen selbst sieht in den Versuchen sie zu diskreditieren, einen Versuch des AfD-Landesvorsitzenden Dirk Nockemann sich einer unliebsamen Konkurrentin zu erwehren. „Wenn eine starke, selbstbewusste Frau intern eine eigene Meinung äußert, wird sie schnell entweder nicht ernst oder als Bedrohung wahrgenommen und in ein negatives Licht gerückt“, erklärte Petersen vor einiger Zeit auf ihrem Youtube-Kanal. Diese Art des Umgangs passe nicht zu einem „modernen politischen Diskurs“. Petersen wehrte sich auch gegen den Vorhalt, sie habe damit gedroht, die Fraktion zu verlassen. Sie habe intern lediglich Probleme in der Zusammenarbeit angesprochen, erklärte sie.

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Am Dienstag war Petersen auf den Seiten der AfD Hamburg bereits aus der Liste der Mitglieder der Fraktion gelöscht. Mit nun sechs Abgeordneten kann die Fraktion jedoch als solche bestehen bleiben. Neben fünf Mitgliedern der AfD gehört der AfD-Fraktion seit Ende vergangenen Jahres auch der parteilose Abgeordnete Detlef Ehlebracht an. Ehlebracht war 2020 aus persönlichen Gründen aus der AfD ausgetreten und hatte auch die Fraktion in der Bürgerschaft verlassen. Seit Oktober gehört er der Fraktion aber wieder an.

Der Fraktionsstatus ist in Hamburg an die Zahl von sechs Mitgliedern gebunden. Mit dem Fraktionsstatus sind erhebliche finanzielle Vorteile verbunden. Zudem können Fraktionen leichter Anträge stellen.

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Ebendarum sieht die Co-Fraktionschefin der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft, Jennifer Jasberg, im Ausschluss Petersen ein taktisches Geplänkel vonseiten der AfD. Die Wahlen zu den Bezirksparlamenten in Hamburg stehen am 9. Juni an. Wer bei diesen Wahlen gut abschneidet, kann die kommenden Monate nutzen, um seine Politik bekannter zu machen. Im kommenden März dann stehen die Bürgerschaftswahlen in der Hansestadt an. Die Bezirkswahlen gelten als Gradmesser für die Stimmung unter den Wahlberechtigten.

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Es sei zwar zu begrüßen, dass Olga Petersen nach wiederholten öffentlichen Auftritten in russischen Medien und als russische „Wahlbeobachterin“ aus der Fraktion ausgeschlossen werde. Glaubwürdig sei dieser Schritt jedoch nicht, so Grünen-Chefin Jasberg. „Schließlich sind Petersens russlandfreundliche Umtriebe seit Jahren bekannt, ohne dass die AfD gehandelt hätte.“ Ein Grund könne sein, dass die AfD durch Petersens Ausschluss noch bis vor einigen Monaten ihren Fraktionsstatus verloren hätte. Erst der Wiedereintritt von Ehlebracht habe die Situation entschärft.

Jasberg: „Es entsteht der Eindruck, die AfD wolle durch kosmetische Signale potenzielle Wähler*innen, die der Partei nicht aus Ideologie, sondern aus Protest zuneigen, nicht verschrecken.“ Ein echtes AfD-Wahlprogramm nämlich finde man einen Monat vor der Bezirkswahl – beispielsweise in Petersens Kreisverband Harburg nicht. Dort „wo die AfD viele Menschen mit ihrem Kurs anspricht und hohe Umfragewerte verzeichnet.“

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