Reise des Bundesratspräsidenten: „Israel muss eine starke Demokratie bleiben“

Stand: 18:44 Uhr , Jerusalem, IsraelTschentscher und Netanjahu Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und ihm gegenüber Bundesratspräsident Peter Tschentscher tauschten sich über die geplante Justizreform aus Quelle: Momme Dähne, Senatskanzlei Bundesratspräsident Peter Tschentscher ist auf seiner Israelreise mit Premierminister Benjamin Netanjahu und den Oppositionspolitikern Jair Lapi und Benny Glantz zusammengetroffen. Thema: die umstrittene Justizreform. Tschentscher hatte dabei einen Wunsch. Anzeige Anzeige

Dass Bundesratspräsidenten in ihrer einjährigen Amtszeit auch nach Israel reisen, gehört fast zum guten Ton der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Auch wenn es in Israel keine Länderkammer wie den Bundesrat gibt, ist klar, dass die höchsten politischen Würdenträger den jeweils amtierenden Bundesratspräsidenten – immerhin der vierthöchste Amtsträger in Deutschland – zum Austausch empfangen.

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Auf seiner Bundesratsreise standen für Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher am zweiten Tag denn auch Gespräche mit Premierminister Benjamin Netanjahu sowie Ex-Regierungschef Jair Lapid und Benny Gantz von den großen Oppositionsparteien in der Knesset auf dem Programm.

Normalerweise geht es in den Gesprächen zwischen dem Bundesratspräsidenten und Israels Top-Politikern um die großen Linien der Nahost-Politik und die Stellung Israels als Start-Up-Nation. Vermutlich stellte auch Tschentscher sich darauf ein, als er das Amt des Bundesratspräsidenten am 1. November turnusmäßig übernahm und erkannte, dass in seine Amtszeit das 75-jährige Bestehen des Staats Israel fiel. Ein Besuch in Jerusalem stand damit quasi fest.

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Doch dass es bei den Gesprächen durchaus andere Themen als üblich geben könnte, dürfte dem 57-Jährigen spätestens seit einem gemeinsam mit Botschafter Steffen Seibert ausgerichteten Empfang klar gewesen sein. Vor der Residenz nahe Tel Aviv marschierten am Dienstagabend Demonstranten auf. „Demokratija, Demokratija“ skandierten diese und riefen den Besuchern des Empfangs unter anderem auf Deutsch zu, dass sie Hilfe dabei bräuchten die israelische Regierung davon abzuhalten, die Demokratie des Landes in Gefahr zu bringen.

Demonstranten vor der Deutschen Botschaftsresidenz. In Israel gehen aktuell viele Menschen auf die Straße, um gegen die Pläne für eine Justizreform zu rebellieren. Quelle: Julia Witte

Seit rund fünf Monaten kommt es landesweit immer wieder zu riesigen Protesten gegen eine geplante Justizreform. Netanjahus Koalition will mit der Reform nach Lesart der Kritiker den Einfluss des Höchsten Gerichts beschneiden und die Machtposition der Regierung ausbauen. Die Regierung wirft dem Gericht übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise, sollte die Reform so umgesetzt werden. Netanjahu hatte die Reformpläne im März zwar zunächst ausgesetzt. Vor wenigen Tagen jedoch kündigte er an, die Arbeit an der Reform fortsetzen zu wollen.

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Netanjahu habe berichtet, dass aus seiner Sicht die Unabhängigkeit der Justiz nicht gefährdet sei, sagte Tschentscher nach dem etwa 75-minütigen Gespräch in der Residenz des Premierministers Jerusalem. Netanjahu habe versichert, es werde in Israel dabei bleiben, dass Justiz und Politik unabhängig voneinander arbeiten. „Das ist wichtig für eine moderne Demokratie“, betonte Tschentscher, der es begrüßte, dass Netanjahu ihm gegenüber davon gesprochen hätte, mit der Opposition gemeinsam weiter an der Reform arbeiten zu wollen.

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Die israelische Politik habe „schon verstanden“, dass es von Seiten Deutschlands Fragen zu der geplanten Reform gebe und „dass wir besorgt sind“, so Tschentscher. Angesichts der schwieriger werdenden internationalen Lage „mit China, Russland und dem Iran“ sei man angewiesen auf die westlichen freien Demokratien. Er wünsche sich, so Tschentscher, „dass Israel einen guten Weg findet, um eine starke Demokratie im weitesten Sinne zu bleiben.“

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